Montag, 11. März 2013

44 Jahre Woodstock - 2

Nun warb Woodstock Ventures in Zeitungen für das Festival for Peace and Music und rechnete mit 60.000 Besuchern. Tatsächlich machten sich rund 1 Million Menschen auf den Weg, die Hälfte von ihnen blieb in verstopften Zugangswegen stecken und wurde von der Polizei wieder nach Hause geschickt; über 400.000 Besucher erreichten das Festival. Bemerkenswert ist, dass es trotz der unkontrollierten und unkontrollierbaren Menschenmenge zu keinen nennenswerten Gewalttätigkeiten kam. Im Gegensatz zu einigen anderen Rockfestivals wie z. B. das Open Air von Altamont (Kalifornien) war Woodstock außer- ordentlich friedlich.
Das Festival selbst wurde für die Veranstalter zum finanziellen Desaster. Wegen der unerwartet hohen Besucherzahl war es schon bald nicht mehr möglich, Besucher ohne Ticket abzukassieren. Zusätzlich mussten Verpflegung (500.000 Hamburger und Hot Dogs am ersten Tag) und medizinische Betreuung für die Besucher sowie die Musiker selbst wegen der verstopften Zugangswege mit Hubschraubern eingeflogen werden. Erst mit der Vermarktung des Festivals durch den gleichnamigen Film und des Dreifachalbums stellte sich der kommerzielle Erfolg ein.

Samstag 16.08.1969

Das Konzert begann um 12:15 Uhr mit einem 40-minütigem Auftritt der relativ unbekannten Band Quill. Der Auftritt erschien nicht auf dem Woodstock-Film, da die Aufnahme der Tonspur nicht mit dem Film synchronisiert war.Anschließend folgte die Keef Hartley Band, die sich gerade in ihrem Wandel zum Jazz-Rock befand. Abgesehen von ihrem immer in Indianerkleidung auftretenden Schlagzeuger Keef Hartley war es für die gesamte britische Band der erste Auftritt in den USA. Da die Band weder im Film noch auf der Schallplatte zu hören war, gelang es Keef Hartley erst 2004, durch einen Fan eine Aufnahme des Konzertes zu erhalten.
Santana, die als nächstes folgten, hatten gerade ihr erstes Album aufgenommen. Obwohl die Menge im Chor "No Rain“ rief und, um dies zu untermauern, auf diverse Objekte klopfte, gehörte der Auftritt mit dem Song "Soul Sacrifice" zu den Höhepunkten des Festivals. Die Bühnenmannschaft hatte Lattenreste verteilt, die die Fans nun im Takt zu diesem Song gegeneinander schlugen. Das bald nach dem Festival erschienene Debütalbum der Band schaffte es hauptsächlich wegen des 45-minütigen Festival-Auftrittes in die Top 5 der Albumcharts in den USA.

 Santana

Dem anschließenden Headliner-Auftritt der Blues-Formation Canned Heat war ein Streit zwischen dem Gitarristen Henry "Sunflower“ Vestine und dem Bassisten Larry "The Mole“ Taylor zwei Tage zuvor auf der Bühne des Fillmore West vorausgegangen, in dessen Folge Vestine die Band verlassen hatte. Diese sah sich genötigt, umgehend Harvey Mandel zu engagieren, um die Tournee fortsetzen zu können. Da sie nicht einmal in der Lage gewesen waren, zusammen zu proben, weigerte sich der damalige Schlagzeuger und spätere Bandleader Adolfo "Fito“ De La Parra anfangs, auf dem Festival aufzutreten. Er verließ kurzfristig sogar die Band. Allerdings gelang es dem Manager Skip Taylor mit Hilfe eines Generalschlüssels, Zugang zu seinem Zimmer zu erhalten und ihn zusammen mit dem Rest der Band in den Helikopter zu befördern und zum Spielen zu bewegen. Die Band traf gleichzeitig mit den Roadies ein, denen es gelungen war, sich im LKW mit der Ausrüstung durch das Chaos zu bewegen, wobei sie für den Weg zwischen den Catskills und New York über 13 Stunden benötigten (normalerweise zwei bis drei Stunden). Die Band spielte während des Sonnenuntergangs und wurde vom Publikum gefeiert wie kaum eine andere während des Festivals. Ihr Song "Goin’ up the Country" erreichte in dieser Woche die Spitze der amerikanischen Charts und wurde später zur inoffiziellen Hymne des Festivals. Im Film sieht man weiterhin, wie während "A Change is Gonna Come" ein Mann aus dem Publikum auf die Bühne kommt und beginnt, sich mit dem Sänger der Band zu unterhalten, der ihm erlaubt dort zu bleiben und ihm sogar eine Zigarette abgibt.



 Canned Heat

Anschließend fand der vom Vortag verlegte Auftritt der Incredible String Band statt. Sie hatte nach eigenen Angaben den Auftritt am Freitag abgesagt, da sie für sämtliche Instrumente elektrische Verstärker benutzte, was im Regen zu gefährlich war. Das Publikum war nach Canned Heat auf "harte Musik“ eingestellt und bekam mit der String Band stattdessen Psychedelic Folk in glühendheißer Sonne. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen, und die Band wurde die einzige des Festivals, von der keine Zugabe verlangt wurde. Dies führte dazu, dass der Auftritt weder in der ersten Version des Films noch der des Albums zu finden ist. Der Bandmanager Joe Boyd betrachtet die Verlegung des Auftritts deshalb auch noch immer als verpasste Gelegenheit.
Ebenfalls unzufrieden war Jerry Garcia mit dem mehrstündigen Auftritt von Grateful Dead, der mit St. Stephen begann und bald von der Band wegen angeblicher Monitorprobleme auf der Bühne unterbrochen wurde. Durch den Regen während des Auftritts soll die Band auch einige Stromstöße durch ihre elektrischen Instrumente erlitten haben, was später sogar in einem Comicstrip verarbeitet wurde. Rückblickend betrachtet waren auch viele Fans der Meinung, dass die Band zuvor bereits bessere Auftritte gehabt hatte. Da der Auftritt bewusst weder in den Film noch in das Album mit aufgenommen wurde, wussten viele Menschen lange Zeit überhaupt nichts davon.
Auch der nachfolgende Auftritt der Mit-Headliner Creedence Clearwater Revival erschien weder im Film noch im ursprünglichen Album, da John Fogerty und die Plattenfirma Fantasy dies ablehnten. Fogerty betrachtete den Auftritt, der gegen drei Uhr nachts stattgefunden hatte, als zu schlecht, um veröffentlicht zu werden. Es war nur ein kleiner Teil des Publikums wach, und die Band hatte angeblich mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Janis Joplin trat danach auf, aber auch ihr Auftritt wird von Fans als einer ihrer schlechtesten bewertet. Viele meinten, das Engagement der Band fehlte, wodurch Janis Joplin nicht in der Lage war, ihre gewohnte Explosivität auszuleben. Ihre Stimme brach häufig. Allerdings machte sie eine Bemerkung über die Hippiebewegung, die später oft zitiert wurde: "Früher waren wir nur wenige, jetzt gibt es Massen und Massen und Massen von uns.“ Der Auftritt wurde ebenfalls nicht veröffentlicht.
In den frühen Morgenstunden folgte dann der Auftritt von Sly & The Family Stone, der als einer der besten des Festivals und Höhepunkt von Sly Stones Karriere bezeichnet wird, obwohl er im Regen stattfand. Es folgte die Band The Who, die für ihren Auftritt 11.200 Dollar erhielt. Deren Manager weigerte sich zuerst, die Band ohne Vorkasse auftreten zu lassen, wie es auch die Manager von Janis Joplin und den Grateful Dead taten. Erst als Organisator Mike Lang drohte, diesen Umstand per Durchsage an die Menge zu verbreiten, konnte er von diesem Vorhaben abgebracht werden. Ihr durch den späteren Film sehr bekannt gewordener Auftritt begann mit "We’re Not Gonna Take It - (See Me, Feel Me)" von ihrem im Juni erschienenen Doppelalbum Tommy, während des Sonnenaufgangs. Vom selben Album stammte das damals noch recht unbekannte Pinball Wizard, das sie ebenfalls spielten. Während des Auftritts der Band gab es jedoch auch ein paar gewalttätige Szenen: Als sich beispielsweise ein Kameramann Roger Daltrey näherte, trat ihm Pete Townshend ins Gesäß und stieß ihn von der Bühne. Außerdem schlug er Abbie Hoffman mit der Gitarre auf den Kopf, als dieser eine Durchsage über die Gefangennahme von John Sinclair am Mikrofon machen wollte. Townshend sagte später, dass er bezüglich Sinclairs Gefangennahme eigentlich mit Hoffman einer Meinung war. Townshend beendete den Auftritt mit dem rituellen Zertrümmern seiner Gitarre.

 Janis Joplin

 The Who

Beendet wurde das Festival an diesem Tag, der durch die regenbedingten Wartezeiten sehr lang geworden war, durch Jefferson Airplane. Sie begannen kurz nach Sonnenaufgang zu spielen. Sängerin Grace Slick kündigte an, dass die Band ein wenig "Morning Maniac Music“ spielen würde. Sie spielten unter anderem den Song Volunteers, der erst sechs Monate später zusammen mit dem gleichnamigen Album erschien.

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